Montag, 13. Dezember 2010

Lucrezia Borgia

Hure, Machtbesessene, Giftmörderin. Das Bild der Lucrezia Borgia (1480-1519) wurde im Laufe der Jahrhunderte wenig schmeichelhaft gezeichnet. Als Tochter von Papst Alexander VI. war sie eher ein Spielball der Machtinteressen ihrer Familie. So wurden ihre ersten beiden Ehen vom Vater annulliert, der dritte Gemahl ermordet und der vierte Gatte durch Erpressung vor den Traualtar gezwungen. Neun Kinder entsprangen diesen Verbindungen. Und weitaus mehr Spekulationen und Verleumdungen. Vor allem der Vorwurf der Blutschande mit Vater und Bruder Cesare wog schwer und nachhaltig. Auch Schriftsteller wie Victor Hugo, Komponisten wie Gaetano Donizetti und moderne Filmemacher reflektierten eher auf die Legende als auf die geschichtlich haltbaren Tatsachen. Nüchtern betrachtet war das Leben der Lucrezia Borgia, die bei der Geburt ihrer dritten Tochter verstarb, kaum das wilde, zügellose Treiben, das man mit ihrem Namen verbindet. Aber Legenden haben oft einen schwammigen Ursprung. Bei den Borgias liegt es zu einem Gutteil daran, daß die aus Spanien stammende Familie in Italien schon alleine durch ihre Herkunft wenige Sympathien hatte und deshalb immer wieder Diffamierungen ausgesetzt war. Was sie durch Kaltblütigkeit, Machtgier und Vetternwirtschaft wettzumachen wußte. Zwei Päpste entsprangen diesem Geschlecht. Und mit Cesare Borgia (1475-1507) einer der gefürchteten Staatsmänner und Generäle während der Renaissance. Zeitzeugen bezeichneten ihn schlichtweg als blutrünstigen Tyrannen, der mit väterlich-päpstlichen Segen den Kirchenstaat militärisch unter seine Kontrolle brachte. Niccolo Machiavelli nahm ihn als Vorbild für sein politisches Hauptwerk „Il Principe – Der Fürst“. Einen Leitfaden zur Erringung und Festigung der Macht, der auch heute noch große Beachtung findet. Auch Friedrich Nietzsche und Oscar Wilde widmeten Cesare Borgia Teile ihres Schaffens. Die Borgias waren eine Renaissance-Mafia. So wie es auch die Medici waren. Nur werden die aufgrund ihres Mäzenatentums für große Künstler heute in einem wesentlich milderen Licht gezeichnet. Die Wahrheit liegt wie üblich irgendwo dazwischen. In den undurchsichtigen Nebelschwaden der Geschichte. Dort, wo auch Lucrezia Borgias Geist nach Rehabilitation ruft. Und doch nie gehört wird. Denn eine Frau, die 600 Leuten vergifteten Wein reicht ist eben interessanter zu betrachten als jemand, der wortlos Befehle einer machthungrigen Familie befolgt. So gesehen ist Lucrezia Borgia nur eine Person in einer langen Liste von Menschen, die nicht das sind, was wir gerne in ihnen sehen. In einer Zeit, die so sehr der unseren ähnelt. In einer Zeit, wo die Wahrheit hinter schmutzigem Glas verblasst.

Mittwoch, 24. November 2010

Am Abgrund

Heute stehen wir am Abgrund und morgen sind wir einen Schritt weiter. So oder so ähnlich könnte man eine pessimistische Einschätzung der Zukunft formulieren. Anhänger des Fatalismus, der Schicksalslehre, der Unabdingbarkeit der Geschehnisse tun das ohnehin. Denn wirft man einen Blick auf den Zustand unserer Gesellschaft, bleibt für eine andere Bewertung kaum Spielraum. Was sich uns heute darbietet, hat den Höhepunkt an Dekadenz, Entartung und Brutalität längst erreicht. Egal ob man eine Zeitung aufschlägt, den Fernseher anmacht oder Online geht. Überall wird man erschlagen von Meldungen, die oben angeführte Mißbildungen der menschlichen Natur, des humanen Wesens verdeutlichen. Während auf Haiti oder in vielen afrikanischen Ländern ohnmächtiger Hunger, Seuchen und Krankheiten marodieren, wirft eine westliche Luxusgesellschaft jeglichen Anstand, jegliche Moral über Bord. Und abseits des normalen Verbrauchers steigert sich die allgemeine Verschwendung in den sogenannten höheren Kreisen zu wahren Orgien der Ausschweifung. Der Boulevard in Print und Television berichtet ausführlich darüber. Zudem entwickelt sich in der heutigen Welt ein vielleicht bereits ultimativer Kampf der Kulturen. Mit einem radikalen Islam als Speerspitze, der sich mit Gewalt und Terror selbst glorifiziert. Und gerade dadurch wird das Mißtrauen, die gegenseitige Ablehnung nur noch mehr geschürt. Aber vermutlich kann es ohnehin nur Einen geben. Dieser Konflikt wird das Leben der nächsten Generationen massiv prägen. Davon ist auszugehen. Und wie er endet, ist schwer abzusehen. Vermutlich aber in einer weiteren Eskalation der Gewalt, die sich vom Nahen Osten direkt in unsere Lande verlagern wird. Inkludiert man andere Krisenherde wie etwa Iran, Pakistan oder Korea, die allesamt über Atomwaffen verfügen und teils von wahnsinnigen Machthabern regiert werden, kann man sich in etwa ausmalen, wie lange es dauern wird, bis es zum großen Knall kommen wird. Die Zeichen stehen jedenfalls jetzt bereits auf Sturm. Aber auch in unserer Zivilgesellschaft selbst hat sich längst das Menschenbild drastisch verändert. Immer häufiger kommt es zu massiven Übergriffen seitens Polithooligans, die den Staat auszuhöhlen versuchen. Meist ultralinke Fanatiker, die uns in die Anarchie zu stürzen gedenken. Wofür mitunter jedoch die eigene Gesetzgebung sorgt. Führt man sich die lächerlichen Urteile vor Augen, die heute Schwerstkriminelle zu erwarten haben. Vor allem brutale Kindermörder und Schänder werden beinahe schon mit Streicheleinheiten bedacht. Menschen, die moralisch gesehen jegliches Recht verwirkt haben werden geschützt, während auf die Opfer noch nachträglich eingetreten wird. Von Rechtsverdrehern, die alle Hemmungen über Bord geworfen haben. Die selbst Mörder oder Vergewaltiger herauspauken, im vollen Bewußtsein deren Schuld. Während hierzulande die Rechtssprechung bereits zum Treppenwitz verkommen ist, sperren die Vereinigten Staaten beispielsweise jeden Zeitungsdieb ein und halten ihn wie ein wildes Tier. Ganz zu schweigen von Ländern wie China, die mit unliebsamen Oppositionellen kurzen Prozeß machen. Massenerschießungen, Steinigungen, Folter. Was Menschen Menschen antun ist das grausamste, was die Natur jemals hervorgebracht hat. Und unsere Zukunft, unser größter Schatz, unsere geliebten Kinder geraten dabei immer öfter in die Mühlsteine, die sie gnadenlos zermalmen. Ob von Pädophilen, von gefühlskalten Egoisten oder von Vertretern einer Institution, die unglaubliche Schuld auf sich geladen hat. Der Kirche, die ebenfalls die Maske fallen ließ. Die Jahrzehnte, Jahrhunderte lang ihnen Anvertraute erniedrigte, ausbeutete, tötete. Der Mensch fegt wie ein Orkan über alles hinweg, was sich ihm in den Weg stellt. Ob Umwelt, ob Tier oder die eigene Rasse. Der Mensch steht am Abgrund. Seine Werte, seine Barmherzigkeit, seine Liebe. Seine Seele, die er längst an den Teufel verkauft hat.

Freitag, 12. November 2010

Die Botschaft des Botschafters

Wieder einmal ist es passiert. Fäkalien ergießen sich über unseren Köpfen und die hohe Politik sagt leise Danke. Die Rede ist von dem umstrittenen Interview des türkischen Botschafters in Wien, daß er als angebliche „Privatperson“ geführt hat. Wo dieser Mann die Diplomatenschule besucht hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf dieser Welt vermutlich aber nicht. Und wie reagierte die heftig attackierte Regierungsspitze auf diese Schmähungen, die im Übrigen gegen uns alle gerichtet waren? Zuerst kraftlos empört, nach und nach einlenkend. Ich gehe davon aus, daß man ihn nächstens für einen Orden vorschlagen wird. Mitsamt einer detaillierten Entschuldigung. Denn eines ist doch sonnenklar. Schuld sind ja wir „Eingeborenen“, daß es Ehrenmorde gibt. Zwangsverheiratung, Integrationsverweigerung, Sprachunkenntnis. Und warum? Weil wir uns nicht der türkischen Kultur angepaßt haben. Weil wir uns nicht religiös verblenden lassen. Weil wir nicht in der Teestube heimlich unser Bier saufen und daheim dann hinter verschlossener Tür die zwangsweise angetraute, kopftuchtragende Ehefrau verprügeln. Aber halt. Spätestens jetzt habe ich mich als Faschist zu erkennen gegeben. Denn die unbequemen Wahrheiten, und treffen sie auch nur für eine leider größer werdende Minderheit zu, sind Tabu. Und wer es bricht, kann nur ein Rechtsextremer sein. Schließlich impft uns seit 1968 eine völlig weltfremde, trillerpfeifende, alles niederschreiende ultralinke Gesinnungsgemeinschaft ein, wie wir zu denken und zu leben haben. Und ist gegen Alles und Jeden. Es sei denn, er ist kriminell oder Ausländer. Oder beides, was ja auch schon vorgekommen sein soll. Und die politische Elite erzittert wie gehabt in panischer Angst davor, sich auch nur einmal so zu positionieren, wie es in vielen Gesellschaftsschichten längst geschieht. Daß sich die Menschen nämlich nicht vorschreiben lassen wollen, mit wem sie Umgang zu pflegen haben, mit welcher Kultur und Religion sie sympathisieren müssen, um nur ja als politisch korrekt vom Nacktscanner des blinden Gutmenschentums identifiziert zu werden. Vox populi. Die Stimme des Volkes wird einmal mehr nicht gehört. Was zu einer zunehmenden Bedrohung unserer Demokratie führt. Die einzigen, die sich hierbei die Hände reiben, sind die Rattenfänger am linken und am rechten Rand, die aus der Negierung des Integrationsproblems ihr nicht unbeträchtliches Kapital schlagen. So gesehen ist die Botschaft des Botschafters noch fataler, als sie ohnehin durch ihren Inhalt bereits ist.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Soylent Green

Laut Vereinten Nationen werden heute ca. eine Milliarde Menschen tagtäglich von Hunger bedroht. Das ist eine gigantische Zahl, die man keineswegs leichtfertig vom Tisch wischen sollte. Auch nicht in der westlichen Wohlstandswelt. Denn eines ist klar. Die Krise in der sogenannten Dritten Welt wird über kurz oder lang unsere eigene werden. Das scheint vorprogrammiert. Denn wenn die letzten Ressourcen geplündert sind, werden sich die Menschen auf die Pfade nach Europa und Nordamerika begeben. In einem bis jetzt noch nicht gekannten Ausmaß. Betrachten wir am Beispiel einiger Länder den Ist-Zustand. In Kenia etwa leiden die Kleinbauern unter akutem Wassermangel. Aber nicht, weil keines da wäre. Nein, das Wasser wird für gigantische Glashausanlagen zur Rosenzucht verwendet. Also für Produkte, die ausschließlich und zu Dumpingpreisen in den Export gelangen. Dank Vetternwirtschaft und Korruption wird den Leuten einfach der Wasserhahn abgedreht und das kostbare Naß somit auch der Landwirtschaft entzogen. Ergebnis ist, daß große Teile der Landbevölkerung auf Lebensmittelhilfen aus dem Ausland angewiesen sind und die Tiere verdursten. Gehen wir weiter nach Indien sehen wir, wie Monokulturen und gentechnisch verändertes Saatgut das natürliche Gleichgewicht zerstören. US-Konzerne haben dabei ihre Hände im ganz großen Stil mit im Spiel. Einheitsreis und Baumwolle werden gepflanzt, die Bauern überschulden sich und geht dann die wenig resistente Ernte flöten, treibt das die Menschen in den Selbstmord. Über 200.000 alleine in den letzten Jahren. Übrig bleiben Frauen und Kleinkinder, gefangen in der Spirale des Hungers. Ein ähnliches Bild bietet sich in Brasilien, das nach außen hin den Wirtschaftsboom vorgaukelt. Die Realität sieht leider anders aus. Millionen von Hektar Regenwald werden auf der Gier nach Edelhölzern gerodet und die dadurch neu entstandenen Flächen monokultiviert. Mit Mais und Soja, daß in Europa zu Futtermitteln weiterverarbeitet wird. Dazu kommt eine gigantische Rinderproduktion, die mit dementsprechender Umweltzerstörung einhergeht. Die ansässigen Bauern werden von den Konzernen verjagt und teilweise in Zuckerrohrplantagen versklavt. Wo sie einfach verschwinden und oft genug bis zum Tode ausgebeutet werden. Unser letzter Weg führt uns nach Haiti, das schon vor dem verheerenden Erdbeben dieses Jahres am Boden lag. Erschütternde Bilder eines zerstörten Landes. 97 Prozent des Baumbestandes wurden abgeholzt, Flüsse völlig vermüllt. Die Landwirtschaft wurde unter dem verrückten Diktator Jean-Claude „Baby Doc“ Duvalier aufgegeben und teure Lebensmittel importiert. Seitdem hängt Haiti am Tropf der USA und dessen wirtschaftlichen Interessen. Erschreckend die Situation in den Städten, die aufgrund einer ausufernden Landflucht völlig überfüllt sind. Frauen backen auf schmutzigen Straßen sogenannte Schlammkekse, ein Gemisch aus Erde, Wasser, Butter und Salz, das in der Sonne hartgetrocknet wird. Der Hunger ist täglicher Begleiter. Das Problem in diesen und in noch vielen anderen Ländern ist die anhaltende Perspektivlosigkeit. Saatgutkonzerne haben die heimischen Sorten ausgemerzt und liefern ihre überteuerten, oft wenig resistenten Produkte. Gentechnisch veränderter Reis beispielsweise hat einen um die Hälfte geringeren Sättigungsfaktor als herkömmlicher. Dazu kommt, daß in vielen afrikanischen, asiatischen, und lateinamerikanischen Staaten die Korruption sehr stark verwurzelt ist. Inklusive verantwortungsloser Regierungen, die nur auf sich selbst und ihrem Klüngel bedacht sind. Umwelt, Tier und Mensch werden rücksichtslos vernichtet. Bis der letzte Baum gefällt, der letzte Fisch gefangen und der letzte Hektar Land von Pestiziden vergiftet ist. Und sind erst einmal diese Ressourcen erledigt, wird der Raubbau zwangsläufig auch in unseren Gefilden weitergehen. Bis auch in der ersten Welt nichts mehr da ist, was verzehrbar ist. In den 70er Jahren kam die Endzeitvision „Soylent Green“ mit dem unvergleichlichen Charlton Heston in die Kinos. Ein Film der eine Welt (im Jahr 2022) beschrieb, in der es nichts mehr gab. Und in der eine diktatorische Regierung die hungernden Massen mit dem letzten verbliebenen Nahrungsmittel sporadisch versorgte. Mit „Soylent Green“, daß sich am Ende als Menschenfleisch herausstellte. Vor 30 oder 40 Jahren schien diese Vision undenkbar, utopisch. Heute sind wir einen beträchtlichen Schritt näher in diese Richtung gegangen. Und wenn die Regierungen der großen Industrieländer inklusive China nicht aufwachen, die Realitäten erkennen und den oft durch unsere Schuld verarmten Staaten nicht endlich effektiv helfen anstatt Brotkrumen zu verteilen, wird für unsere Kindeskinder „Soylent Green“ irgendwann kein flüchtiger Alptraum sein. Sondern bittere Realität.

Freitag, 3. September 2010

Das Massaker von My Lai


Wer sah sie nicht? Die legendären Verfilmungen über den Vietnam-Krieg. Oliver Stone’s „Platoon“, Stanley Kubrick’s „Full Metal Jacket“ oder Francis Ford Coppola’s „Apocalypse Now!“. Filme, die sich kritisch mit der Vietnam-Operation der Vereinigten Staaten von Amerika während der 60er und 70er Jahre auseinandersetzten. Mit teils drastischen Bildern. Doch nichts am Set eines Filmes kann Jenes wiedergeben, was sich tatsächlich ereignet hat. Am 16. März 1968 beispielsweise, und das ist einer der wenigen Fälle, die tatsächlich bekannt wurden, schaute die Sachlage wesentlich anders aus. Da marschierte der kleine Junge von nebenan, der nette Sohn der Nachbarin aus Pittsburgh, San Diego oder Tallahassee schwerbewaffnet in ein völlig friedlich lebendes Dorf ein und ließ binnen weniger Minuten einen Sturm über hunderte Menschen hereinbrechen, was ich seit den Bildern vom Holocaust und Srebrenica nicht mehr gesehen habe. Über 500 Menschen fielen einer völlig blutrünstigen US-Soldateska zum Opfer. Darunter die Hälfte Frauen, Greise und Babys. Mir kommen beim Betrachten jener Bilder, die völlig unberührt aufgenommen wurden, selbst nach über 40 Jahren noch die Tränen. Nackte Menschen, vergewaltigt, verstümmelt, tote Tiere, Kinder, kaum älter als meine zweimonatige Tochter, aufgespießt. Vietcong war vermutet worden. Ein Dorf an Menschen, die einfach nur leben wollten, war gefunden worden. Kein einziger Gegenschuß. Im Blutwahn wurden selbst alle Tiere des Dorfes getötet. Vermutlich auch Vietcong. Einzig eine eintreffende US-Helikoptertruppe erkannte den sich gerade abspielenden Wahnsinn und nötigte unter vorgezogener Waffe die eigenen Kameraden wenigstens ein paar Kinder ungeschoren davonkommen zu lassen. Sie wurden ganze 30 Jahre später dafür ausgezeichnet. Und nachdem man all diese Menschen sinnlos vernichtet hatte, kam die übliche Vertuschungstaktik zum Einsatz. Ganze 18 Monate lang. Bis endlich die Fotos des „Embeded Reporters“ ihren Abnehmer fanden. Und sich aufgrund landesweiter Entrüstung die Friedensbewegung begründete. Das Massaker von My Lai war der Wendepunkt einer grausamen Alleinherrschaft des Westens in Südostasien. Es folgten weitere, noch größere Sterben. Die Killing Fields in Kambodscha unter Pol Pot sind ein ewiges Zeugnis dafür. Dafür, dass der Mensch jedem Tier eine Beleidigung zufügt, wenn er es Bestie nennt. Weil er wesentlich schlimmer handelt. Die Mörder des Massakers von My Lai kamen natürlich davon. In irrwitzigen US-Militärprozessen. Bleibt die Hoffnung, dass den Tätern die Gesichter der Toten bis ins Grab verfolgen. Und darüber hinaus. In einer Hölle, wo ich gerne Brennmeister wäre.

Donnerstag, 19. August 2010

Höhenrausch

Was treibt jemanden auf die Gipfel dieser Welt? Eine Frage, die letztlich nur der betreffende Bergsteiger selbst beantworten kann. Ego-Trip? Suche nach Freiheit? Erweiterung des Bewusstseins? Gründe für das menschliche Handeln zu suchen, gibt es immer reichlich. Nicht zuletzt begründet sich darauf der Beruf des Psychologen. Was dem interessieren mag, der es glaubt. Ich richte mich eher nach dem wahren Grund. Dem unermesslichen Abenteuer, dem jeder Gipfelsturm Antriebsfeder ist. Wollen wir dieses Feld ergründen, bedarf es eines Gangs in die Geschichte. In die Zeiten eines George Mallory, der sich 1924 auf den Weg gemacht hat, den Everest zu besteigen. Wo ist er gewesen? Seine Leiche wurde gefunden. Knapp über 8000 Meter. Was viele Fragen aufwirft. Ist er hier und dort gestorben? Oder von einem anderen Punkt aus abgestürzt? Vielleicht sogar vom Gipfel weg? Während ich diesen Artikel schreibe, habe ich nicht das Handbuch der Bergsteigerei dabei. Ich kann daher auch momentan keinerlei Zahlen und Daten korrekt angeben. Ich schreibe aus Gefühl. Was mich selten bis nie getrogen hat. Möge mich jener korrigieren, der sich am historischen Datum stört. Er mag es schwer genug haben. Denn wenn ich meine eigene Expedition ins Unerforschte starte, beginne ich mit der Erstbesteigung der Eiger Nordwand. Wo es Dramen gab, die selbst Shakespeare nicht größer in Szene setzen konnte. Berühmt die erste Seilschaft, die es schaffte. Mit dem Tausendsasser Heinrich Harrer, der mit seinen „7 Jahren in Tibet“ noch weltberühmt wurde. Nach dem Eiger hatten die Alpen keinen Anreiz mehr. Und man schielte nach mehr. Patagonien kam da vorerst gar nicht in Frage. Die Aufmerksamkeit ruhte wieder auf dem größten Gipfel der Welt. Mallory war nicht heimgekehrt. Aber hielt das andere auf? Nach dem fürchterlichen 2. Weltkrieg sah sich die deutsch-österreichische Bergsteigerei wieder imstande, neue Expeditionen in Angriff zu nehmen. Die Schuld am Krieg wurde ausgeblendet. Bonzen wie Luis Trenker glitten ohne größeren Schaden in die neue Ordnung hinweg. „Mitläufer“. Eine Schande. Aber bleiben wir beim Sport. 1953 stand die Bezwingung des Nanga Parbat an. Drei Jahre nach der legendären Erstürmung der Annapurna, dem ersten 8.000er, der Maurice Herzog sämtliche kleine Extremitäten gekostet hatte. Hermann Buhl begab sich Richtung Gipfel, verlor alles, was an Mensch und Material verfügbar war und erreichte nach eigenen Angaben den Gipfel. Im Abstieg überlebte er eine Nacht stehend auf 8000 Metern im Notbiwak. Buhls Erfolg am Nanga Parbat wurde angezweifelt. Weit über seinen Tod, den er nur kurz später am Broad Peak gefunden hatte, hinaus. Heute wissen wir es besser. Dank einer Expedition, die seinen Pickel am Gipfel wiederfand. Aber das ist nicht die Geschichte, die erzählt werden will. Die beginnt nämlich Ende der 70er mit einem bärtigen Mann, der alles in Frage stellt. Der sich mit seinem Kompagnion Peter Habeler auf den Weg macht, um Hillarys Rekord zu brechen. Ohne Sauerstoff. Es folgten alle übrigen 13 Achttausender. Mit oder ohne Begleitung. Und doch ist Messner für mich nur eine Fußnote der Geschichte. Weil es bei ihm, mit einer Ausnahme, zu glatt gelaufen ist. Nicht so bei Joe Simpson. Gemeinsam mit Simon Yates entflieht er der Diktatur des Felses, der sich mittlerweile Reinhold Messner bemächtigt hatte. Nichts war mehr gültig, außer Reinhold. Und dann stiegen diese beiden Burschen, leicht besoffen vom Vortag, und doch voll Tatendrang auf einen Berg, den nur einer wieder aufrecht verlassen sollte. Ich werde die Erzählung von Joe nicht wiederholen. Wer sie hören will, kauft sich sein immens spannendes Buch, dass auch verfilmt wurde. Nein, ich will mit Simpson auf etwas ansprechen, was uns alle betrifft. Wir dürfen nicht aufgeben. Egal, in welch misslicher Lage wir uns auch befinden. 1000 Geschichten der Bergsteigerei warten auf Euch. Von Krakauer, der 1996 Touristen auf den Everest bringen wollte und mit einem Haufen Leichen konfrontiert wurde, von den beiden Speedclimbern aus Bavaria, die Yosemite erobern wollen, von Gerlinde Kaltenbrunner, die auch den K2 schafft. Nur ohne Applaus. Der im übrigen dem wenigsten Akteur des Alpinismus zu teil wird. Was mitunter auch ein Vorteil sein kann. Denn nur allzuoft hat das Rampenlicht einen Menschen schon zerstört. Und seine Ideale gleich mit.

Samstag, 7. August 2010

Die amerikanische Schande

Die Vereinigten Staaten fühlen sich seit jeher als überlegen, als die moralische Instanz schlechthin. Und zweifellos haben wir alle diesem Land auch sehr viel zu verdanken. Doch befasst man sich mit der sehr kurzen Geschichte der USA, so wirft das einen sehr großen Schatten auf das Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Gerade was die Pionierzeit betrifft. Denn Amerika ist keineswegs auf rechtem Wege zu dem geworden, was es heute darstellt, für viele symbolisiert. Amerika ist groß geworden, indem man seine eigenen Ideale, seine eigenen Wertvorstellungen, seine eigene Verfassung mit Füßen getreten hat. Und leider auch heute noch immer tut. Amerika ist eine Geschichte von Rassismus, Mord und Barbarei. Denke man nur an die Eroberung des so genannten Wilden Westens. An die hunderttausenden von Chinesen, die man für die Erschließung des Landes angeworben hatte, schuften ließ und später enteignete, entrechtete und zu nicht geringer Zahl auch ermordete. Denke man an die Versklavung von Afrikanern und Menschen karibischer Herkunft. Und denke man an die Verdrängung und Drangsalierung der Chicanos. Aber die größte Schuld, die größte nationale Schande lud man sich mit der psychischen und großteils auch physischen Vernichtung der Ureinwohner auf. Anhand der Lakota, einem Stamm aus der Sprachfamilie der Sioux, möchte ich dies kurz darstellen. Zu Beginn der Invasion weißer Siedler in den amerikanischen Westen war das Gebilde der USA noch sehr instabil. Also setzte man aus Ermangelung der nötigen militärischen Macht vorerst auf Verträge. Natürlich in der Absicht, sie beim ehest möglichen Zeitpunkt wieder zu brechen. So garantierte man 1805 den Lakota die uneingeschränkte Souveränität auf ihrem Land. 1851 sicherte der Vertrag von Fort Laramie den Lakota das Gebiet der Black Hills zu, einer spirituell wichtigen Gegend für den Stamm. Leider durchschauten die Ureinwohner, für die ein gegebenes Wort heilig war, die wahren Absichten ihrer „Freunde“ da noch nicht. Die bauten auf dieses Regelwerk basierend ihre Stützpunkte immer weiter aus und stockten ihre Truppen kontinuierlich auf. Was folgte, wissen die Meisten. Übergriffe auf die immer weiter zurückgedrängten Ureinwohner, die Ausrottung von 30 Millionen Büffeln, einer Hauptlebensgrundlage der indianischen Völker, ständige Strafexpeditionen und Verfolgungen. Als die Entrechtung ihren Höhepunkt erreichte, als man damit begann, den Lakota ihre Identität zu rauben, ihre Sprache, ihren Glauben zu verbieten, ihnen das letzte Stück freie Land nahm und sie in Reservate, die nichts anderes als Gefängnisse waren, steckte, erhoben sich die Tapfersten unter der Führung von Sitting Bull und Crazy Horse und begannen einen aussichtslosen Kampf um ihr Volk. Nach einem letzten heroischen Sieg am Little Big Horn gegen den faschistischen General Custer kam es 1890 zum Massaker bei Wounded Knee, wo man die sich ergebenden Lakota dahinmetzelte. Viele der Taten der weißen Eroberer und der Ton der damaligen Zeit erinnern stark an das Dritte Reich. So forderten die Herausgeber der Bismarck Tribune 1883 die vollständige Auslöschung aller Indianer. Viel hätte dazu letztendlich auch nicht gefehlt. Die Situation hat sich auch 120 Jahre nach Wounded Knee kaum gebessert. Verheerende Lebensbedingungen in den noch immer bestehenden Reservaten, eine Lebenserwartung von 44 Jahren. Kindersterblichkeit wie zu Zeiten der ärgsten Hungersnöte in Afrika. Alkoholismus, Kriminalität und Massenarbeitslosigkeit. Dazu TBC, Kältetote in den Wintern, katastrophale Wohnverhältnisse. 97 % der rund 50.000 in Reservaten lebenden Lakota existieren unter der Armutsgrenze. Und was tut der Staat USA dagegen? Nichts. Die Black Hills wurden bis zum heutigen Tag nicht wieder zurückgegeben. Und das werden sie wohl auch nie mehr. Denn die Hills sind eine Cashmaschine, befindet sich dort das Mount Rushmore Monument mit den Köpfen von vier Präsidenten in den Fels geschlagen. Als Gipfel der Provokation. Eine jämmerliche Entschädigungssumme wurde geboten, die die Lakota aber ablehnten. Sie wollten ihre Seele nicht verkaufen. Bis zum heutigen Tag hat sich keine US-Regierung dazu durchgerungen, sich auch nur für die Verbrechen zu entschuldigen, die man den Ureinwohnern angetan hat. Ganz zu schweigen davon, sie endlich in die Gesellschaft aufzunehmen und als vollwertige Bürger zu behandeln. Viele Länder haben Probleme, sich mit ihrer unrühmlichen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Manche versuchen es zumindest. Wie etwa Australien bei den Aborigines oder Kanada, das den Inuit einen eigenen, selbst verwalteten Bundesstaat zubilligte. Und die große USA, die Weltpolizei, die Herren über die einzige Wahrheit? Bei denen reichte es nicht einmal für ein Sorry. So sage ich, sorry, aber die amerikanische Schande prangt weiter über dem Sternenbanner.

Mittwoch, 14. Juli 2010

Eine WM ohne Sieger

Wer das Volk Südafrikas heute betrachtet, wird selbst mit einem Vollrausch ernüchtert aus der Analyse treten. Dem kann auch eine gut gemeinte Fußball-WM auf dem Schwarzen Kontinent wenig entgegen setzen. Eine WM, die neben Espana nur einen Sieger kannte. Die FIFA. Rund um ausgefressene (man entschuldige mir das Wort) Funktionäre, die in früheren Zeiten jedem südamerikanischen Putsch zum Opfer gefallen wären. Aber die Welt sieht eben nur das, was sie sehen will. Ich habe einen Menschen im Laufe dieses Titelkampfes leider nicht oft genug gesehen. Den Helden der Menschlichkeit. Jenem Mann, der ähnlich der Romanfigur Robinson Crusoe unendlich lange auf einer einsamen Insel festgesessen ist. Nur war diese Isolation von Nelson Mandela eine Repression eines Staates, der ähnlich dem Hitler-Reich auf etwas basierte, was man in der von den meisten Menschen verhaßten Sprache „Afrikaans“ Apartheid nannte. Europa hat sich in fast allen Staaten des Schwarzen Kontinents schuldig gemacht. Und tut das auch noch heute. Aber als Fredrick Willem De Clerck dem Terrorregime von Pieter Botha, dessen Todesstrafe sicherlich aus heutiger Sicht angemessen gewesen wäre, ein Ende bereitet hat, und endlich die Realitäten anerkannte, atmete nicht nur eine Bevölkerung auf, die seit Jahrhunderten in Knechtschaft fristete. Es atmete auch der Hauch von Freiheit überm Kap. Was Buren und Briten jenen „Untermenschen“ angetan haben, ist mit Worten nur unzureichend zu beschreiben. Als Hobby-Historiker fallen mir so viele Massaker ein, so viele Namen, daß mir schlecht wird. Aber auch die anderen Grausamkeiten dieser Rassentrennung, die Adolf Hitler Ehre gereicht hätten. Verbannt in sog. „Homelands“, die wie bei den Indianern in Nordamerika nur brachliegende Wüstenei waren. Oder als Arbeitssklaven für die weiße Oberschicht an den Stadträndern in sog. „Townships“ verfrachtet. Ich sah viele mehr als beeindruckende Aufnahmen des Naturfilmers Andreas Kießling. Und ich sah auch Kannibalismus in der Tierwelt. Aber ich sah niemals Hass, Niedertracht oder Ausgrenzung. Das alleine ist dem Menschen eigen. Und es ward zelebriert in dem Land, was uns alle eine schöne Weltveranstaltung geboten hat. Ich jedenfalls verneige mich in Demut. Gegenüber jedem Menschen, der Robben Island ablehnt. Der nicht länger Menschen aufgrund ihrer bloßen Herkunft verurteilt. Ihrer Hautfarbe. Ich weiß, wie unprofessionell das ist. Aber ich bin auch nur ein Mensch. Und werde es auch bleiben. Und daher verfluche ich Dich, Pieter Botha, und Deinen Clan, der noch immer Rassentrennung verlangt. Shame on you!!! Und für Afrika nur das Beste. In Union we stand, brothers!!!!

Dienstag, 18. Mai 2010

Im Würgegriff der Spekulanten

Was sich derzeit an den Finanzplätzen dieser Welt abspielt, ist mit Worten nur noch unzureichend zu beschreiben. Und wer geglaubt hat, daß aus der vorjährigen Krise irgend etwas gelernt wurde, sieht sich in Anbetracht dessen, was sich derzeit zuträgt, eines Besseren belehrt. Mußten 2009 die Banken aufgrund ihrer aus dem Ruder gelaufenen Spekulationsgeschäfte gerettet werden, sind es heuer ganze Staaten, die am Abgrund stehen. Und wer zahlt wie üblich die Zeche? Ja, ganz richtig. Der Steuerzahler, der am Wenigsten für all diese Miseren verantwortlich ist. Während sich die Geldinstitute aus der Verantwortung schleichen, wird am Euter der Melkkuh einmal mehr der letzte Tropfen abgepumpt. Mit der Griechenlandkrise und dem zu erwartenden Dominoeffekt steht nicht nur die Europäische Union als Wirtschaftsraum am Scheideweg. Denn falls der jetzt aufgespannte Rettungsschirm nicht den gewünschten Effekt haben sollte, ist eine Katastrophe für alle Mitgliedsstaaten kaum noch abwendbar. Und gerade dieses Szenario wird von einigen Spekulanten förmlich heraufbeschworen. Mit der gezielten Destabilisierung der Gemeinschaftswährung Euro hat man den Angriff auf unsere Volkswirtschaften gestartet. Von Supercomputern aus, die längst völlig unkontrolliert in immer neuen Zahlenmodellen und Algorithmen die Macht über die Finanz- und Devisenmärkte übernommen haben. Generell wird der inner- und außerbörsliche Handel heute von einer Unzahl an Transaktionen bestimmt, denen keine realen Geschäfte mehr zugrunde liegen. So manches Unwort skizziert das heutige Schreckgespenst eines längst zügellosen Kapitalismus. Leerverkäufe, toxische Papiere, Hedgefonds, Hebelhandel. Mag da noch jemand durchblicken. Und die Politik? Die streitet sich sowohl in den Nationalparlamenten, wie auch auf europäischer Ebene darüber, wie man dem entgegnen kann. Während die einen eine drastische Regulierung fordern, setzen die anderen weiterhin stur auf die Kräfte eines selbstheilenden Marktes. Ein wirkungsvoller Kompromiß ist kaum in Sicht. Und so reiben sich die Wölfe, die gerade dabei sind, Europa zu zerfleischen, genüßlich die Hände. Halten Geheimtreffen ab, wo sie darüber beratschlagen, wie man noch mehr Kasse machen kann. Wie man uns alle noch weiter ins Verderben drängen kann. Online. Mit ein paar Mausklicks. Selbst hochgeachtete Börsenexperten haben heute den Überblick über die Machenschaften und Transaktionen von sogenannten Tradern verloren. Während noch vor einigen Jahren die Aktienkurse der großen Unternehmen oft tagelang praktisch unverändert geblieben sind, unterliegen sie heute schon einmal Schwankungen von bis zu 20 % in wenigen Stunden. Verursacht durch massiven Eingriff in den Handel. Bis zu 70.000 Order werden da von Wertpapierhändlern getätigt. Aber nicht etwa pro Jahr. Nein, pro Tag. Wohin das alles führt, scheint vorprogrammiert. Jedes derart aggressive System, jede Blase, hinter der letztlich keine realen Werte stehen, muß zwangsläufig einmal platzen. Die Frage ist nur, wann es passieren wird. Und welchen Schaden es anrichtet. Denn eines ist klar. Einen dritten Rettungsschirm wird es nicht mehr geben. Weil die Staaten jetzt schon an ihren Grenzen angelangt sind. Jedem, der sein Geld vernünftig anlegen will, kann ich nur den Ratschlag eines deutschen Experten weitergeben. Nämlich in Echtgeschäfte zu investieren. In Rohstoffe, in namhafte Unternehmen. Keinesfalls in Staatsanleihen. Denn die werden die ersten sein, die den Bach runter gehen. Und wir mit ihnen.

Donnerstag, 13. Mai 2010

Echnaton, der Ketzerkönig

Eine der faszinierendsten Epochen in der Menschheitsgeschichte stellt sicherlich die Pharaonenzeit im alten Ägypten dar. Und es ist jedem nur zu empfehlen, sich einmal bei einer Reise entlang des Nils auf die Spuren dieser zwar untergegangenen, aber doch überall präsenten Kultur zu begeben. Atemberaubend die Monumentalbauten des Alten Reiches unter Herrschern wie Djoser, Cheops oder Chephren. Überwältigend die Tempel, die während der 18. und 19. Dynastie im Neuen Reich errichtet wurden. Unter so klangvollen Namen wie Thutmosis, Hatschepsut, Sethos oder Ramses. Stets im Mittelpunkt dieser Überlebenswerke aus Stein stand der allmächtige Totenkult, der in Ägypten zelebriert wurde. Heute mag es völlig irrational erscheinen, daß sich ein ganzes Volk für die Errichtung des Grabmals eines Königs einspannen ließ. Oder für den Bau riesiger Tempelanlagen, die einzig der Huldigung der Götter und dessen gottgleichen Vertreters auf Erden dienten. Aber in einer Zeit, wo wir alles zu wissen glauben, alles wissenschaftlich erklären können, ist kein Platz für Wahrnehmungen jenseits dieser Welt. Für die alten Ägypter hingegen stellte die Religion, der feste Glaube an ein jenseitiges Leben, ein unumstößliches Faktum dar. Der Tod war sozusagen ihr Lebenselixier. Mit festen, unumstößlichen Abläufen. Mit einer ganzen Heerschar an Göttern, die für alles sorgten, was dies- und jenseits der Nilufer von Nöten war. Mit dem Sonnengott Amun-Re an ihrer Spitze. Bis es schließlich um 1350 v. Chr. zu einer ungewöhnlichen Reform kam. Der neu inthronisierte Pharao Amenophis IV. brach mit allen Regeln. Entmachtete die immer einflußreicher gewordenen Hohepriester, zog aus der Hauptstadt Theben aus, errichtete beim heutigen Amarna eine neue, auf dem Reißbrett entworfene Metropole und setzte Amun-Re und seine Untergottheiten ab. Der Pharao nannte sich von nun an Echnaton und erhob den mit einer Sonnenscheibe dargestellten Aton zum Staatsgott, der nur noch wenige andere, kleinere Gottheiten neben sich dulden mußte. Die verhaßten Priester wurden aus den Tempeln verjagt und Echnaton fungierte von da an gemeinsam mit seiner Gemahlin Nofretete als direktes Verbindungsglied zum Jenseits. Heute wird das Leben dieses ungewöhnlichen Herrscherpaares sehr kontrovers diskutiert. Was zu einem Gutteil daran liegt, daß die geschichtlichen Fakten zu dieser Zeit äußerst dürftig sind. Vieles davon ist reine Spekulation. Was Echnaton und seine wunderschöne Nofretete so interessant macht ist die Tatsache, daß sie sowohl eine religiöse, wie auch eine künstlerische Revolution losgetreten haben. Niemals zuvor wurde im alten Ägypten der Pharao so natürlich, so wenig beschönigend dargestellt. Niemals zuvor war eine Hauptfrau wie Nofretete so gleichberechtigt. Doch wer nun glaubt, dieser Pharao sei ein Humanist, ein gütiger Mensch gewesen, der irrt vermutlich. Mit den religiösen Umwälzungen kam es zu Verfolgungen, zu Enteignungen, zur sogenannten „Schwarzen Periode“, geprägt von schwacher Außenpolitik und innerer Zerrissenheit, die diese Kulturrevolution nach sich zog. Was ihm auch den Beinamen „Ketzerkönig“ eintrug. Vielmehr ließ sich das spirituelle, gottgleiche Königspaar anbeten und bildete mit Aton eine Art Dreifaltigkeit. Die alten Götter wurden verboten. Um Echnaton geschichtlich korrekt zu beurteilen, mangelt es wie gesagt an wesentlichen Fakten. Darum sollte man es sich auch ersparen. Genauso wie die Spekulationen, die mit seinem Tod und seiner Nachfolge einhergehen. Oft ist ein Mysterium ein weitaus befriedigender Zustand als eine Gewißheit, die sich mitunter ernüchternd darstellt. Fest steht eines. Nach seinem Tod kehrte Amun-Re zurück. Etablierte sich wieder der alte Glaube. Und der alte Priesterklüngel. Ein sehr junger Pharao, vermutlich Echnatons Sohn, bestieg letztlich den Thron. Für sehr kurze Zeit. Ein sehr unbedeutender König. Verstorben oder getötet in sehr jungen Jahren. Und doch heute weltberühmt. In einer frühen Hieroglyphe enthält sein Name noch den Beinamen des Gottes Aton. An seinem Totenschrein wird dann bereits wieder Amun gehuldigt. Sein Name war Tut-Ench-Amun. Und spätestens mit seinem Tod wurde auch die Hinterlassenschaft des Ketzerkönigs getilgt.

Sonntag, 2. Mai 2010

Am Rande des Mainstreams

Jede Zeit hat ja bekanntlich ihre Markenzeichen, ihren besonderen Ausdruck. Ihren unvergleichlichen Stil. Vielleicht wird man das in zehn oder zwanzig Jahren auch über jetzt sagen. In Aussicht steht es aber kaum. Denn was heute als Leitkultur gilt, entwickelt sich in seinen Ambitionen eindeutig wieder zurück. Wird in die Geiselhaft des Cyberspace genommen. Der heutige Mainstream spielt sich in TV und Internet ab. Castingshows und You Tube. Mit einigem Erschrecken ist zu konstatieren, wie wenig Anspruch heute an eine sinnvolle Lebensgestaltung gestellt wird. Und wie verkümmert sich sozialer Kontakt darstellt. Der Großteil schwimmt in diesem trüben Strom und geht emotional dabei unter. Was sich auf der einen Seite als Ignoranz, als Trägheit, als Desorientierung manifestiert, ufert auf der anderen Seite maßlos aus. Fast täglich überschlagen sich die Nachrichten von Ausschreitungen, gewalttätigen Demonstrationen und sinnloser Zerstörungswut. Und nicht etwa im Nahen Osten. Nein, hier bei uns. Mitten in Europa. Die Ursachen dafür sind breitgefächert. Gesellschaftliche Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit, mangelnde Bildung, ethnische Hintergründe, häusliche Vernachlässigung. Gewalt gegen den Staat, gegen öffentliches wie privates Gut, scheint bereits salonfähig geworden zu sein. Man braucht sich nur die Bilder vor Augen zu führen, die mit jedem politischen Gipfel einhergehen. Marodierende Banden sogenannter Autonomer, denen jeder Anlaß recht ist, Randale zu machen. Die unter dem Deckmantel des Protests massiv straffällig werden. Polithooligans. Wir haben es heute also zum einen mit einer Strömung zu tun, die völlig beteiligungslos den Geschehnissen gegenübersteht. Die sich im Netz berauscht, dort vereinsamt und irgendwann verlorengeht. Und im krassen Gegensatz dazu ist eine gewaltbereite Protestbewegung etabliert, die ihre Ausweglosigkeit längst erkannt hat und sich in immer größeren Exzessen verliert. Mit Vernunft, mit Kreativität, mit Geist den heutigen Herausforderungen entgegenzutreten, scheint kaum noch gefragt. Man bewegt sich entweder inmitten des allverschlingenden, dumpfen Mainstreams, oder außerhalb davon. Entweder gesichtslos, oder gesetzlos. Jene kritische Köpfe, die sich in der Grauzone bewegen, die eher be- als verurteilen, verstummen sukzessive. Sind weder zeitgemäß noch akzeptabel. Sie sind heute die wahren Außenseiter. Jene geistigen Vordenker, die am Rande des Mainstreams von der zunehmenden Verrohung erschlagen werden.

Donnerstag, 22. April 2010

Das Haus Tudor

Nachdem der Angelsachse Alfred der Große 871 die Linie der englischen Könige eröffnet hatte, hatten viele Adelshäuser den Thron inne. Eines der bemerkens-wertesten Geschlechter waren mit Sicherheit die Tudors. Ihr erster König war Heinrich VII., der bei der Schlacht von Bosworth Field (1485, vorletztes Gefecht der Rosenkriege) als Oberhaupt der Lancasters den York-König Richard III. besiegte. William Shakespeare hat darüber ein vortreffliches Drama verfaßt. Durch eine kluge Heirat beendete er die Fehde zwischen den rivalisierenden Edelleuten und etablierte den Namen seiner eigenen Familie für die kommenden 118 Jahre als Königshaus. Nach dem Tode Heinrichs sollte eigentlich sein ältester Sohn Arthur Tudor die Erbfolge antreten, doch da dieser bereits frühzeitig verschied, war der Weg frei für den zweiten Sohn, der als Heinrich VIII. in die Weltgeschichte eingehen sollte. Der junge König nahm Arthurs Witwe Katharina von Aragon, eine Spanierin, zur Frau und lebte zu Beginn ganz im Stil der damaligen Zeit. Er gab sich lukullischen Genüssen hin, war ein umtriebiger Sportsmann und ein Freund der Schönen Künste. Auch im Dienste des Katholizismus tat er sich hervor und bekam vom Papst den Titel eines „Verteidigers des Glaubens“ verliehen. Was sich jedoch änderte, als ihm seine Frau keinen Sohn, sondern nach zahlreichen Fehlgeburten nur eine Tochter gebar. In der Annahme, seine Ehe sei verflucht, bat er den Bischof von Rom um Annullierung. Doch verschiedenste Interessenskonflikte ließen dieses Vorhaben scheitern. Also sagte sich Heinrich VIII. kurzerhand von Rom los und gründete die anglikanische Kirche mit ihm als weltliches Oberhaupt. Nun konnte er eine von ihm selbst diktierte Scheidung erzwingen und heiratete die Hofdame Anne Boleyn, in die er vernarrt war. Doch auch sie konnte ihre heiligste Pflicht, die Gebärung eines Stammhalters, nicht erfüllen und so entledigte sich Heinrich ihrer auf dem Schafott. Es folgte Jane Seymour, die ihm Edward VI. schenkte, jedoch im Kindbett dahinschied. Um weitere Erben in die Welt setzten zu können, setzte Heinrich seine Heiratspolitik fort. Doch das Glück war nicht auf seiner Seite. Er ehelichte die Deutsche Anna von Kleve, die nur knapp dem Richtblock entkam, ließ seine fünfte Gemahlin Catherine Howard nach Ehebruch enthaupten und wurde schließlich von seiner letzten Ehefrau, der pragmatischen Catherine Parr um zwei Jahre überlebt. Geschieden, enthauptet, gestorben. Geschieden, enthauptet, überlebt. So lautet ein Kinderreim zu den sechs Ehen des Heinrich VIII. Doch auch abseits des häuslichen Herdes zog der König eine Blutspur über Land und Gefolge. Mit falschen Versprechungen brachte er die „Pilgerreise der Gnade“ zum Erliegen. Einen großen Volksaufstand aufgrund der Klosterauflösungen, die den König unsagbar reich machten. Nachdem die Massen beschwichtigt waren, übte er für diese Rebellion bittere Rache. Aber neben dem gemeinen Volk hatten auch seine engsten Vertrauten den Tod stets im Angesicht. Das prominenteste Opfer war dabei sicher Lordkanzler Thomas Cromwell, der Heinrichs größte Gunst genossen hatte. Historische Zahlen sprechen von 70.000 Toten während seiner Amtszeit. Mit zunehmendem Alter wurde beim König auch der geistige Verfall erkennbar. Und starkes Übergewicht, resultierend aus unbotmäßiger Völlerei. Heinrich VIII. wurde zum Paradebeispiel, wie aus einem hoffnungsvollen, klugen Herrscher ein monströser Tyrann werden konnte, der niemanden über sich duldete. Vermutlich selbst Gott nicht. Nach Heinrichs Tod bestieg sein Sohn Edward minderjährig den Thron. Er war wohl mehr die Marionette eines ränkeschmiedenden Rates denn ein König und verstarb aufgrund seiner schwächlichen Konstitution sehr früh. Durch eine Intrige wurde Lady Jane Grey zur Königin proklamiert. Doch die legitime Thronerbin Maria I., Tochter Heinrichs VIII. aus erster Ehe, brachte das Volk auf ihre Seite und wurde 1553 gekrönt. Sie ging als „Bloody Mary“ in die Geschichte ein, da sie als Katholikin Anhänger des protestantischen Glaubens verbrennen ließ. Nach ihrem Tod trat die letzte Tudor-Königin auf den Plan. Elisabeth I., Tochter Anne Boleyn’s. Unter ihrer Regentschaft stieg England zur See- und Weltmacht auf, wurde die spanische Armada besiegt. Zum Erhalt der Macht ging auch sie über Leichen. So ließ sie die Schottenkönigin Maria Stuart, die auch Anspruch auf den englischen Thron stellte, im Tower inhaftieren und wegen Verschwörung zum Tode verurteilen. Was sie zu Lebzeiten noch zu verhindern vermochte, wurde nach ihrem Tod Gewißheit. Da sie unverheiratet blieb und daher auch keine Nachkommen hatte, erbten die Stuarts 1603 den Thron und Jakob I. wurde der erste gemeinsame König von Engländern, Schotten und Iren. Was das Ende der Tudor-Dynastie als Herrschergeschlecht besiegelte. In einer Zeit des Absolutismus, der Reformation, des Umbruchs, der Renaissance, des finsteren Mittelalters und der großen Entdeckungen. In einer Zeit, die alles bot, was Geschichte heute so interessant macht. In einer magischen Zeit, wo das Leben entweder alles, oder aber auch nichts Wert war.

Dienstag, 13. April 2010

Die Trostlosigkeit des Universums

Seit Anbeginn der Menschheit, seit der Zähmung des Feuers richtete sich unser Blick auf die Sterne. Auf jene unbegreifliche, unerreichbare Dimension außerhalb dieser Welt. Trotz aller Fortschritte, die Geisteswissenschaft und Mathematik gemacht haben, bleibt das Universum auch heute ein Mysterium, dessen wir nicht habhaft werden. Dieser Tage ging ein Experiment zu Ende, daß uns weitere Aufschlüsse darüber bringen soll. Das CERN-Projekt, wo man den Urknall simulierte. Nun, die Auswertung der Daten wird Jahre dauern. Bis dahin müssen wir uns mit dem Wenigen begnügen, was wir bereits wissen. Die Geburtsstunde des Alls wird mit eben jenem Urknall definiert. Als die auf einen Punkt verdichtete Masse (und Zeit) explodierte. Um zu begreifen, wie unbegreiflich all das ist, möchte ich nur eine Zahl nennen. Die sogenannte Planck-Zahl. Demnach wissen wir nichts, was vor dem Urknall gewesen ist und auch die ersten 10 hoch minus 43 Sekunden danach nichts. Es steht nur eines fest. Seit diesem Zeitpunkt dehnt sich das Universum aus. Folgt unaufhörlich einem gleißenden Lichtstrahl hin zum Nichts. Hinter dem freilich auch wieder Nichts ist. Oder doch ein Paralleluniversum? Eine noch unbegreiflichere Welt? Was die Wissenschaft heute mit Teleskopen und Spektralanalyse mißt, ist schon vor Millionen oder gar Milliarden von Jahren passiert. Je nach dem, wie weit weg der Blick in die scheinbare Leere fällt. Sterne, die heute am Firmament flackern, sind längst als Rote Riesen, Supernovae und Weiße Zwerge untergegangen. Oder sind gar zum Schwarzen Loch mutiert. Man weiß es nicht. Und wenn man kein Quanten- oder Astrophysiker ist, wird man es auch nicht verstehen. Ich bezweifle, ob die es überhaupt begreifen. Bedenkt man nur, wie wenig wir selbst über unser winziges Sonnensystem wissen. Geschweige denn über unsere Galaxie oder den Sternhaufen, in dem sich diese befindet. Wie auch? Wenn wir schon beim Pluto im Zweifel darüber sind, ob der nun ein Planet ist oder nicht. Doch alle Betrachtungen sind letztlich wertlos. So wie auch diese. Wenn man nur eine Annahme als Tatsache akzeptiert. Demnach gibt es mehr Galaxien in diesem unbegreiflichen, unendlichen Universum, als es Sandkörner auf dieser winzigen Welt gibt. Aber selbst das ist noch nicht trostlos genug. Denn so wie unsere Sonne einst zum Roten Riesen werden wird, so wie die Erde darin verglüht, so stirbt auch dieses All auf seinem Weg in einen Raum, der es letztlich verschlingen wird. Nun, wie klein sind wir in Anbetracht dessen? Wie unendlich bedeutungslos? Was ein weiteres Mal die Frage nach jeglicher Sinnhaftigkeit aufwirft. Und nicht bloß in unserer Existenz. In jeder, die folgen wird. Ob nun auf der Erde oder woanders, wo es auch Leben gibt. Womöglich sogar Intelligenz. Ja, sicher sogar. In dieser allumfassenden Frage liegt der Ursprung unseres Handelns. Die Rechtfertigung von etwas so Unvollkommenen wie Religion. Oder Philosophie. Nein, darauf wird es keine Antwort geben. Niemals. Nicht solange man ein Fernsehgerät einschalten kann und auf einem senderfreien Kanal das Rauschen des Universums vernimmt. Den Klang des Urknalls, der bis zum heutigen Tage widerhallt.

Freitag, 9. April 2010

Die Welt der Literatur

Im Zeitalter von Multimedia ein Buch zur Hand zu nehmen, erscheint vielen schon als Anachronismus. Dabei kann gerade die Literatur, das geschriebene Wort uns in eine Welt entführen, die so ganz anders ist als das, was uns ansonsten umgibt. Die eine einzigartige Faszination ausstrahlt. Man muß es nur zulassen. Einen Leitfaden zum Lesen des richtigen Buches gibt es nicht. Zu vielfältig sind die Geschmäcker und Interessen. Und die werden auch bedient. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Krimi, Thriller, Erzählungen, Fantasy, Abenteuer, Science Fiction, Poesie, Sachbücher. Die Liste könnte sich endlos fortsetzen. Anhand eines kurzen Exkurses will ich den geneigten Leser etwas näher an diese Welt heranführen. Aus der Schulzeit kennen viele noch die alten deutschen Klassiker. Goethe, Schiller, Lessing, Nietzsche. Heute wirkt ihre Sprache angestaubt, langweilig. Für den Einsteiger eine nur schwerlich verdaubare Kost. Bei den deutschen Modernen sieht es da schon ganz anders aus. Grass, Hesse oder Böll sind Legenden. Geistreich, vielschichtig. Empfehlenswert für alle, die zur philosophischen Betrachtung geneigt sind. Wechseln wir auf die Insel, wird uns ein ganz anderes Genre offenbart. Wer den großen Shakespeare nicht lesen will, sollte sich eine der zahlreichen Verfilmungen mit bekannten Schauspielern besorgen. Alleine der Klang dieser mittelalterlichen Sprache lädt zum Träumen ein. Weniger anspruchsvoll, aber nicht minder fesselnd sind die Werke von Agatha Christie, der Königin des Krimis. Unbedingt empfehlenswert. Wer diese Art der Literatur bevorzugt, ist auch mit den Skandinaviern bestens bedient, die in den letzten Jahren einen wahren Boom erlebt haben. Ich will an dieser Stelle die Romane von Henning Mankell erwähnen, die nichts an Spannung und Dunkelheit offen lassen. In heimischen Gefilden sticht ein Name sofort ins Auge. Daniel Kehlmann. Der deutsch/österreichische Shootingstar glänzt durch Wortwitz. Ein Genuß für Schnelleser. Kurz will ich auch die alten Russen streifen. Tolstoi, Dostojewski. Wer die Brüder Karamasov gelesen hat, wird die russische Seele zu fassen kriegen. Wer nur ein oder zwei Tage investieren will, sollte aber die Finger davon lassen. Zum Schluß wandern wir über den großen Teich. Zu meinen persönlichen Favoriten. Herrliche Romane warten hier auf den begeisterten Leser. Mark Twain, Hermann Melville, die Abenteurer. Henry Miller, Charles Bukowski, die Brutalen. John Steinbeck, D. H. Lawrence, die Prosaischen. Und Stephen King, John Grisham, die Megastars. Letztgenannte bieten die ganze Palette der Unterhaltung. Spannungsgeladene Thriller, wortgewaltige Erzählungen. Mein absoluter Buchtip: John Grisham – Die Farm. Eine atemberaubende Erzählung. Ein Gemälde einer Welt, die bereits untergegangen ist. Geschildert aus der Sicht eines kleinen Jungen, der seine Kindheit in den Baumwollfeldern Arkansas zubringt. Sentimental, aufwühlend, faszinierend. Ich hatte bei diesem Buch nur eine Enttäuschung erlebt. Als es viel zu früh zu Ende war. Wenn es nach mir ginge, würde ich jetzt noch darin lesen. Der nächste Regentag kommt bestimmt. Ausreden gibt’s keine. Amazon liefert binnen zwei Tagen. Billiger geht’s in den Büchereien. Oder ihr besucht einen der zahlreichen Flohmärkte in der Umgebung. Es ist für Jeden etwas dabei. Und wer sich den Zutritt zu diesem Universum erst einmal verschafft hat, wird es so rasch nicht wieder verlassen.