Die Vereinigten Staaten fühlen sich seit jeher als überlegen, als die moralische Instanz schlechthin. Und zweifellos haben wir alle diesem Land auch sehr viel zu verdanken. Doch befasst man sich mit der sehr kurzen Geschichte der USA, so wirft das einen sehr großen Schatten auf das Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Gerade was die Pionierzeit betrifft. Denn Amerika ist keineswegs auf rechtem Wege zu dem geworden, was es heute darstellt, für viele symbolisiert. Amerika ist groß geworden, indem man seine eigenen Ideale, seine eigenen Wertvorstellungen, seine eigene Verfassung mit Füßen getreten hat. Und leider auch heute noch immer tut. Amerika ist eine Geschichte von Rassismus, Mord und Barbarei. Denke man nur an die Eroberung des so genannten Wilden Westens. An die hunderttausenden von Chinesen, die man für die Erschließung des Landes angeworben hatte, schuften ließ und später enteignete, entrechtete und zu nicht geringer Zahl auch ermordete. Denke man an die Versklavung von Afrikanern und Menschen karibischer Herkunft. Und denke man an die Verdrängung und Drangsalierung der Chicanos. Aber die größte Schuld, die größte nationale Schande lud man sich mit der psychischen und großteils auch physischen Vernichtung der Ureinwohner auf. Anhand der Lakota, einem Stamm aus der Sprachfamilie der Sioux, möchte ich dies kurz darstellen. Zu Beginn der Invasion weißer Siedler in den amerikanischen Westen war das Gebilde der USA noch sehr instabil. Also setzte man aus Ermangelung der nötigen militärischen Macht vorerst auf Verträge. Natürlich in der Absicht, sie beim ehest möglichen Zeitpunkt wieder zu brechen. So garantierte man 1805 den Lakota die uneingeschränkte Souveränität auf ihrem Land. 1851 sicherte der Vertrag von Fort Laramie den Lakota das Gebiet der Black Hills zu, einer spirituell wichtigen Gegend für den Stamm. Leider durchschauten die Ureinwohner, für die ein gegebenes Wort heilig war, die wahren Absichten ihrer „Freunde“ da noch nicht. Die bauten auf dieses Regelwerk basierend ihre Stützpunkte immer weiter aus und stockten ihre Truppen kontinuierlich auf. Was folgte, wissen die Meisten. Übergriffe auf die immer weiter zurückgedrängten Ureinwohner, die Ausrottung von 30 Millionen Büffeln, einer Hauptlebensgrundlage der indianischen Völker, ständige Strafexpeditionen und Verfolgungen. Als die Entrechtung ihren Höhepunkt erreichte, als man damit begann, den Lakota ihre Identität zu rauben, ihre Sprache, ihren Glauben zu verbieten, ihnen das letzte Stück freie Land nahm und sie in Reservate, die nichts anderes als Gefängnisse waren, steckte, erhoben sich die Tapfersten unter der Führung von Sitting Bull und Crazy Horse und begannen einen aussichtslosen Kampf um ihr Volk. Nach einem letzten heroischen Sieg am Little Big Horn gegen den faschistischen General Custer kam es 1890 zum Massaker bei Wounded Knee, wo man die sich ergebenden Lakota dahinmetzelte. Viele der Taten der weißen Eroberer und der Ton der damaligen Zeit erinnern stark an das Dritte Reich. So forderten die Herausgeber der Bismarck Tribune 1883 die vollständige Auslöschung aller Indianer. Viel hätte dazu letztendlich auch nicht gefehlt. Die Situation hat sich auch 120 Jahre nach Wounded Knee kaum gebessert. Verheerende Lebensbedingungen in den noch immer bestehenden Reservaten, eine Lebenserwartung von 44 Jahren. Kindersterblichkeit wie zu Zeiten der ärgsten Hungersnöte in Afrika. Alkoholismus, Kriminalität und Massenarbeitslosigkeit. Dazu TBC, Kältetote in den Wintern, katastrophale Wohnverhältnisse. 97 % der rund 50.000 in Reservaten lebenden Lakota existieren unter der Armutsgrenze. Und was tut der Staat USA dagegen? Nichts. Die Black Hills wurden bis zum heutigen Tag nicht wieder zurückgegeben. Und das werden sie wohl auch nie mehr. Denn die Hills sind eine Cashmaschine, befindet sich dort das Mount Rushmore Monument mit den Köpfen von vier Präsidenten in den Fels geschlagen. Als Gipfel der Provokation. Eine jämmerliche Entschädigungssumme wurde geboten, die die Lakota aber ablehnten. Sie wollten ihre Seele nicht verkaufen. Bis zum heutigen Tag hat sich keine US-Regierung dazu durchgerungen, sich auch nur für die Verbrechen zu entschuldigen, die man den Ureinwohnern angetan hat. Ganz zu schweigen davon, sie endlich in die Gesellschaft aufzunehmen und als vollwertige Bürger zu behandeln. Viele Länder haben Probleme, sich mit ihrer unrühmlichen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Manche versuchen es zumindest. Wie etwa Australien bei den Aborigines oder Kanada, das den Inuit einen eigenen, selbst verwalteten Bundesstaat zubilligte. Und die große USA, die Weltpolizei, die Herren über die einzige Wahrheit? Bei denen reichte es nicht einmal für ein Sorry. So sage ich, sorry, aber die amerikanische Schande prangt weiter über dem Sternenbanner.