Jeder Mensch, der in halbwegs
geordneten Verhältnissen aufwächst, bekommt ein gewisses Menschenbild mit auf
den Weg gegeben. Eine Vorstellung über die Gesellschaft, in der er gerne Leben
möchte. In den 70er, 80er und auch noch Anfang der 90er Jahre waren weite Teile
des menschlichen Zusammenlebens klar definiert. Ehrlichkeit, Verlässlichkeit
und Ordnung waren Tugenden, die man allerorts mit durchaus berechtigtem Stolz
hochhielt. In den letzten 15 Jahren verschwamm diese Vorstellung einer in festgelegten
Bahnen verlaufenden Welt zunehmend. Was mitunter Vorteile, aber leider auch
erhebliche Nachteile mit sich zog. Anhand einiger Punkte kann das klar
veranschaulicht werden. Beginnen wir mit der Familie. Dem Stützpfeiler
schlechthin. Ein Haushalt mit zwei oder mehreren Kindern war Standard. Ein
geborgenes Heim, ein arbeitender Vater und eine Mutter, die alle unter ihre
Fittiche nahm. Ein Idyll, wenn man so will. Ein Idyll, das durchaus Kratzer
abbekam, blickte man etwas intensiver hinter die Fassaden. Was kam war das, was
man heutzutage Gleichberechtigung nennt. Vielen Frauen ermöglichte das erst
ihre Selbstverwirklichung. Ihren Ausbruch aus den heimischen Mauern, die manche
als Gefängnis betrachteten. Man kann über diese Entwicklung letztlich nur froh
sein. Die moderne Familie war geboren. Viele Väter nahmen ihre neue Rolle als
helfender Teil im häuslichen Alltag an. Auch ich, der damit sehr glücklich ist.
Leider hat aber jede Änderung auch ihre Schattenseiten. Gerade in Mitteleuropa
sind sie deutlich zu spüren. Karriere und Überemanzipierung haben sich in die
Familien geschlichen, die sukzessive kleiner werden. Kinder, wenn überhaupt
noch gezeugt, werden oft schon als halbe Babys in den Hort gesteckt. Ganztägig.
Niemand kann den Lauf der Welt aufhalten. Doch ein Mindestmaß an Zuwendung
braucht jeder Mensch. Gerade in seinen allerjüngsten Jahren. Diese Ansichten
mögen verstaubt und altmodisch, vielleicht sogar reaktionär klingen. Doch wir
täten gut daran, nicht alle Werte unserer Ahnen hemmungslos über Bord zu
werfen. Ein weiteres Thema, dass gerade in Österreich mitunter stark hoch kocht,
ist die Migration. In einer globalisierten Welt verschwimmen die Grenzen.
Begünstigt durch Mobilität und ultraschnelle Kommunikationsmöglichkeiten. Wir
wandern ebenso aus, wie wir auch neue Bürger begrüßen können. Jeder Mensch,
jede Kultur bereichert uns letztlich. Darum der Rat, nicht zu sehr die
Schattenseiten der Einwanderung zu sehen. Obwohl man sie auch nicht ignorieren
sollte. Gerade in den Ballungsräumen kommt es immer öfter zur Gettoisierung
einzelner Bevölkerungsgruppen. Ja, mittlerweile spricht man sogar von
sogenannten No-Go-Areas. Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden.
Integration darf auch keine Einbahnstraße werden. Wie überall im Leben gibt es
hier ebenso eine Hol-, wie auch eine Bringschuld. Nächster Punkt. Im
öffentlichen Bewusstsein spielt immer auch die Entwicklung der politischen
Klasse eine Rolle. Transportiert von den Medien, die sich Unabhängigkeit auf
ihre Fahnen geheftet haben, es damit aber nicht immer allzu genau nehmen. Egal,
in welches Lager sie auch tendieren. Mitunter bekommt man den Eindruck,
nicht mehr von der Politik, sondern von den Berichterstattern regiert zu werden, die die
gewählten Volksvertreter vor sich hertreiben. In Österreich bisweilen noch eher
auf eine etwas subtile Art und Weise, in Deutschland beispielsweise aber ganz
offen. Noch dazu finanziert von zwangsbeglückten Gebührenzahlern. Diese
Verbindung von Medien und herrschender Klasse stellt eine echte Zeitenwende
dar. Da sie die objektive Meinungsbildung klar untergräbt. Das geht mitunter
soweit, dass TV-Moderatoren ihrem Publikum unterschwellig ideologische
Ansichten indoktrinieren. Ganz offensichtlich wurde das beispielsweise bei der
Berichterstattung des ZDF im Zusammenhang mit der Naturkatastrophe in Japan.
Was letztlich dazu führte, dass ein zwischenzeitlich in den Umfragen
abgehängter Kandidat bei einer Landtagswahl zum Ministerpräsidenten avancierte.
Bei der ersten Hochrechnung gab es dafür sogar Applaus im Fernsehstudio, der
vom Tonmeister dann rasch weggemischt wurde. Als letzter und wahrscheinlich
auch wichtigster Punkt in dieser kurzen Aufzählung steht die Entwicklung am
Arbeitsplatz. Mutige Gewerkschaften haben über Jahrzehnte hinweg Arbeitnehmern
zu ihrem Recht verholfen. Haben dafür gesorgt, dass respektable Löhne gezahlt
wurden. Zuletzt verlor man dabei aber leider auch einmal das Maß aus den Augen.
Gerade in schwierigen Wirtschaftszeiten wie diesen sollte man eher mit den
Arbeitgebern zusammen rücken, denn sie oft unsachlich zu bekämpfen. Die Schweiz
hat es vorgemacht. Ein Land, das in vielerlei Hinsicht ein Vorbild ist. Am Eindrucksvollsten
wohl in der Ausübung gelebter, direkter Demokratie. Das Volk wird dort nicht
als Unsicherheitsfaktor, sondern als Gratmesser begriffen. Was zu breiter
Akzeptanz aller möglichen Vorhaben führt. Gerade in Zeiten wie diesen, wo sich
die Gemengelage laufend ändert, eine fast unverzichtbare Stabilitätsgröße. Wir
haben es im 21. Jahrhundert mit weitreichenden Herausforderungen zu tun. Manche
werden uns an die Grenzen der Belastbarkeit führen. Der Klimawandel wird es uns
vor Augen halten. Und doch müssen wir bei allen Umwälzungen, die manch Einer durchaus
auch als Bedrohung seines eigenen Lebensgefühls wahrnimmt, Weitsicht bewahren.
Die Verhältnisse haben sich geändert. Und doch darf das Gestrige nicht mit
einem Hammerschlag zerstört und dann in den Mistkübel der Geschichte befördert
werden. Aus Fehlern wird man klug. Versäumnisse hingegen schaden oft genug
beinahe ewig.
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