Freitag, 29. Juli 2011
Humanismus oder Gutmenschentum
Der Begriff des Humanismus umfasst im Allgemeinen eine Weltanschauung, die auf Toleranz, Gewalt- und Gewissensfreiheit basiert. Die Würde des Individuums und die Menschlichkeit an und für sich stehen an oberster Stelle. Durch alle Zeiten und geschichtlichen Epochen hindurch griffen Gelehrte dieses Thema auf. Selbst den Römern entzog es sich nicht. Wenngleich die es nur auf eine verschwindende Minderheit umsetzten. Der Durchbruch dieser Idee gelang sicherlich in der Renaissance mit Thomas Morus oder Erasmus von Rotterdam. Theologen, die erstmals in Opposition zur gängigen Haltung der Kirche gingen und den Weg zur Reformation bereiteten. In der Moderne sagen mir persönlich die Thesen des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre am ehesten zu. „Der Mensch tritt in die Welt ein und erst dann entwirft bzw. erfindet er sich selbst. Der Mensch ist nichts anderes als das, wozu er sich in seiner totalen Freiheit macht. Deshalb ist er auch für das, was er ist, verantwortlich. Dies verleiht ihm seine Würde.“ Ich finde diese Definition großartig. Wenngleich ich gerade jüngeren Menschen die weiteren Ausführungen Sartres weniger ans Herz lege. Da sie vielleicht doch etwas zu entmutigend sind. Der Humanismus hat sich durchgesetzt. Wurde in die Präambel der Vereinten Nationen aufgenommen. In die Verfassungen der meisten Staaten dieser Erde. Und er ist Basis der Menschenrechtskonvention. Leider wird diese wundervolle Idee immer wieder mit einem Begriff vermischt, den ich der Einfachheit halber Gutmenschentum nennen will. Also jene Geisteshaltung, die dazu neigt, alles und jeden uneingeschränkt zu tolerieren. Noch weit über Gandhis Gewaltverzicht hinaus. Diese Haltung finde ich kontraproduktiv. Ja, vielleicht sogar gefährlich. Denn das Gesetz darf niemals weichen. Gerade in Europa dieser Tage erlebt man aber einen Trend in genau diese Richtung. In ausufernden Liberalismus, der kaum noch Tabus kennt und damit die Hemmschwellen sinken lässt. Dem Gegenüber stehen wiederum reaktionäre, also rückwärtsgerichtete Elemente. In manchen Gegenden der Vereinigten Staaten wird man zum „Gutmenschen“ verteufelt, wenn man sich gegen die Todesstrafe wendet. Nun, der ideale Weg liegt wie üblich in der Mitte. In einer aufgeschlossenen Gesellschaft, die Andersdenkende, Andersaussehende akzeptiert. Im Rahmen der Gebote, die uns letztlich alle schützen sollen.
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