Freitag, 30. März 2012

Zeitenwende

Jeder Mensch, der in halbwegs geordneten Verhältnissen aufwächst, bekommt ein gewisses Menschenbild mit auf den Weg gegeben. Eine Vorstellung über die Gesellschaft, in der er gerne Leben möchte. In den 70er, 80er und auch noch Anfang der 90er Jahre waren weite Teile des menschlichen Zusammenlebens klar definiert. Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Ordnung waren Tugenden, die man allerorts mit durchaus berechtigtem Stolz hochhielt. In den letzten 15 Jahren verschwamm diese Vorstellung einer in festgelegten Bahnen verlaufenden Welt zunehmend. Was mitunter Vorteile, aber leider auch erhebliche Nachteile mit sich zog. Anhand einiger Punkte kann das klar veranschaulicht werden. Beginnen wir mit der Familie. Dem Stützpfeiler schlechthin. Ein Haushalt mit zwei oder mehreren Kindern war Standard. Ein geborgenes Heim, ein arbeitender Vater und eine Mutter, die alle unter ihre Fittiche nahm. Ein Idyll, wenn man so will. Ein Idyll, das durchaus Kratzer abbekam, blickte man etwas intensiver hinter die Fassaden. Was kam war das, was man heutzutage Gleichberechtigung nennt. Vielen Frauen ermöglichte das erst ihre Selbstverwirklichung. Ihren Ausbruch aus den heimischen Mauern, die manche als Gefängnis betrachteten. Man kann über diese Entwicklung letztlich nur froh sein. Die moderne Familie war geboren. Viele Väter nahmen ihre neue Rolle als helfender Teil im häuslichen Alltag an. Auch ich, der damit sehr glücklich ist. Leider hat aber jede Änderung auch ihre Schattenseiten. Gerade in Mitteleuropa sind sie deutlich zu spüren. Karriere und Überemanzipierung haben sich in die Familien geschlichen, die sukzessive kleiner werden. Kinder, wenn überhaupt noch gezeugt, werden oft schon als halbe Babys in den Hort gesteckt. Ganztägig. Niemand kann den Lauf der Welt aufhalten. Doch ein Mindestmaß an Zuwendung braucht jeder Mensch. Gerade in seinen allerjüngsten Jahren. Diese Ansichten mögen verstaubt und altmodisch, vielleicht sogar reaktionär klingen. Doch wir täten gut daran, nicht alle Werte unserer Ahnen hemmungslos über Bord zu werfen. Ein weiteres Thema, dass gerade in Österreich mitunter stark hoch kocht, ist die Migration. In einer globalisierten Welt verschwimmen die Grenzen. Begünstigt durch Mobilität und ultraschnelle Kommunikationsmöglichkeiten. Wir wandern ebenso aus, wie wir auch neue Bürger begrüßen können. Jeder Mensch, jede Kultur bereichert uns letztlich. Darum der Rat, nicht zu sehr die Schattenseiten der Einwanderung zu sehen. Obwohl man sie auch nicht ignorieren sollte. Gerade in den Ballungsräumen kommt es immer öfter zur Gettoisierung einzelner Bevölkerungsgruppen. Ja, mittlerweile spricht man sogar von sogenannten No-Go-Areas. Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden. Integration darf auch keine Einbahnstraße werden. Wie überall im Leben gibt es hier ebenso eine Hol-, wie auch eine Bringschuld. Nächster Punkt. Im öffentlichen Bewusstsein spielt immer auch die Entwicklung der politischen Klasse eine Rolle. Transportiert von den Medien, die sich Unabhängigkeit auf ihre Fahnen geheftet haben, es damit aber nicht immer allzu genau nehmen. Egal, in welches Lager sie auch tendieren. Mitunter bekommt man den Eindruck, nicht mehr von der Politik, sondern von den Berichterstattern regiert zu werden, die die gewählten Volksvertreter vor sich hertreiben. In Österreich bisweilen noch eher auf eine etwas subtile Art und Weise, in Deutschland beispielsweise aber ganz offen. Noch dazu finanziert von zwangsbeglückten Gebührenzahlern. Diese Verbindung von Medien und herrschender Klasse stellt eine echte Zeitenwende dar. Da sie die objektive Meinungsbildung klar untergräbt. Das geht mitunter soweit, dass TV-Moderatoren ihrem Publikum unterschwellig ideologische Ansichten indoktrinieren. Ganz offensichtlich wurde das beispielsweise bei der Berichterstattung des ZDF im Zusammenhang mit der Naturkatastrophe in Japan. Was letztlich dazu führte, dass ein zwischenzeitlich in den Umfragen abgehängter Kandidat bei einer Landtagswahl zum Ministerpräsidenten avancierte. Bei der ersten Hochrechnung gab es dafür sogar Applaus im Fernsehstudio, der vom Tonmeister dann rasch weggemischt wurde. Als letzter und wahrscheinlich auch wichtigster Punkt in dieser kurzen Aufzählung steht die Entwicklung am Arbeitsplatz. Mutige Gewerkschaften haben über Jahrzehnte hinweg Arbeitnehmern zu ihrem Recht verholfen. Haben dafür gesorgt, dass respektable Löhne gezahlt wurden. Zuletzt verlor man dabei aber leider auch einmal das Maß aus den Augen. Gerade in schwierigen Wirtschaftszeiten wie diesen sollte man eher mit den Arbeitgebern zusammen rücken, denn sie oft unsachlich zu bekämpfen. Die Schweiz hat es vorgemacht. Ein Land, das in vielerlei Hinsicht ein Vorbild ist. Am Eindrucksvollsten wohl in der Ausübung gelebter, direkter Demokratie. Das Volk wird dort nicht als Unsicherheitsfaktor, sondern als Gratmesser begriffen. Was zu breiter Akzeptanz aller möglichen Vorhaben führt. Gerade in Zeiten wie diesen, wo sich die Gemengelage laufend ändert, eine fast unverzichtbare Stabilitätsgröße. Wir haben es im 21. Jahrhundert mit weitreichenden Herausforderungen zu tun. Manche werden uns an die Grenzen der Belastbarkeit führen. Der Klimawandel wird es uns vor Augen halten. Und doch müssen wir bei allen Umwälzungen, die manch Einer durchaus auch als Bedrohung seines eigenen Lebensgefühls wahrnimmt, Weitsicht bewahren. Die Verhältnisse haben sich geändert. Und doch darf das Gestrige nicht mit einem Hammerschlag zerstört und dann in den Mistkübel der Geschichte befördert werden. Aus Fehlern wird man klug. Versäumnisse hingegen schaden oft genug beinahe ewig.

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