Sonntag, 2. Mai 2010

Am Rande des Mainstreams

Jede Zeit hat ja bekanntlich ihre Markenzeichen, ihren besonderen Ausdruck. Ihren unvergleichlichen Stil. Vielleicht wird man das in zehn oder zwanzig Jahren auch über jetzt sagen. In Aussicht steht es aber kaum. Denn was heute als Leitkultur gilt, entwickelt sich in seinen Ambitionen eindeutig wieder zurück. Wird in die Geiselhaft des Cyberspace genommen. Der heutige Mainstream spielt sich in TV und Internet ab. Castingshows und You Tube. Mit einigem Erschrecken ist zu konstatieren, wie wenig Anspruch heute an eine sinnvolle Lebensgestaltung gestellt wird. Und wie verkümmert sich sozialer Kontakt darstellt. Der Großteil schwimmt in diesem trüben Strom und geht emotional dabei unter. Was sich auf der einen Seite als Ignoranz, als Trägheit, als Desorientierung manifestiert, ufert auf der anderen Seite maßlos aus. Fast täglich überschlagen sich die Nachrichten von Ausschreitungen, gewalttätigen Demonstrationen und sinnloser Zerstörungswut. Und nicht etwa im Nahen Osten. Nein, hier bei uns. Mitten in Europa. Die Ursachen dafür sind breitgefächert. Gesellschaftliche Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit, mangelnde Bildung, ethnische Hintergründe, häusliche Vernachlässigung. Gewalt gegen den Staat, gegen öffentliches wie privates Gut, scheint bereits salonfähig geworden zu sein. Man braucht sich nur die Bilder vor Augen zu führen, die mit jedem politischen Gipfel einhergehen. Marodierende Banden sogenannter Autonomer, denen jeder Anlaß recht ist, Randale zu machen. Die unter dem Deckmantel des Protests massiv straffällig werden. Polithooligans. Wir haben es heute also zum einen mit einer Strömung zu tun, die völlig beteiligungslos den Geschehnissen gegenübersteht. Die sich im Netz berauscht, dort vereinsamt und irgendwann verlorengeht. Und im krassen Gegensatz dazu ist eine gewaltbereite Protestbewegung etabliert, die ihre Ausweglosigkeit längst erkannt hat und sich in immer größeren Exzessen verliert. Mit Vernunft, mit Kreativität, mit Geist den heutigen Herausforderungen entgegenzutreten, scheint kaum noch gefragt. Man bewegt sich entweder inmitten des allverschlingenden, dumpfen Mainstreams, oder außerhalb davon. Entweder gesichtslos, oder gesetzlos. Jene kritische Köpfe, die sich in der Grauzone bewegen, die eher be- als verurteilen, verstummen sukzessive. Sind weder zeitgemäß noch akzeptabel. Sie sind heute die wahren Außenseiter. Jene geistigen Vordenker, die am Rande des Mainstreams von der zunehmenden Verrohung erschlagen werden.