Donnerstag, 22. April 2010

Das Haus Tudor

Nachdem der Angelsachse Alfred der Große 871 die Linie der englischen Könige eröffnet hatte, hatten viele Adelshäuser den Thron inne. Eines der bemerkens-wertesten Geschlechter waren mit Sicherheit die Tudors. Ihr erster König war Heinrich VII., der bei der Schlacht von Bosworth Field (1485, vorletztes Gefecht der Rosenkriege) als Oberhaupt der Lancasters den York-König Richard III. besiegte. William Shakespeare hat darüber ein vortreffliches Drama verfaßt. Durch eine kluge Heirat beendete er die Fehde zwischen den rivalisierenden Edelleuten und etablierte den Namen seiner eigenen Familie für die kommenden 118 Jahre als Königshaus. Nach dem Tode Heinrichs sollte eigentlich sein ältester Sohn Arthur Tudor die Erbfolge antreten, doch da dieser bereits frühzeitig verschied, war der Weg frei für den zweiten Sohn, der als Heinrich VIII. in die Weltgeschichte eingehen sollte. Der junge König nahm Arthurs Witwe Katharina von Aragon, eine Spanierin, zur Frau und lebte zu Beginn ganz im Stil der damaligen Zeit. Er gab sich lukullischen Genüssen hin, war ein umtriebiger Sportsmann und ein Freund der Schönen Künste. Auch im Dienste des Katholizismus tat er sich hervor und bekam vom Papst den Titel eines „Verteidigers des Glaubens“ verliehen. Was sich jedoch änderte, als ihm seine Frau keinen Sohn, sondern nach zahlreichen Fehlgeburten nur eine Tochter gebar. In der Annahme, seine Ehe sei verflucht, bat er den Bischof von Rom um Annullierung. Doch verschiedenste Interessenskonflikte ließen dieses Vorhaben scheitern. Also sagte sich Heinrich VIII. kurzerhand von Rom los und gründete die anglikanische Kirche mit ihm als weltliches Oberhaupt. Nun konnte er eine von ihm selbst diktierte Scheidung erzwingen und heiratete die Hofdame Anne Boleyn, in die er vernarrt war. Doch auch sie konnte ihre heiligste Pflicht, die Gebärung eines Stammhalters, nicht erfüllen und so entledigte sich Heinrich ihrer auf dem Schafott. Es folgte Jane Seymour, die ihm Edward VI. schenkte, jedoch im Kindbett dahinschied. Um weitere Erben in die Welt setzten zu können, setzte Heinrich seine Heiratspolitik fort. Doch das Glück war nicht auf seiner Seite. Er ehelichte die Deutsche Anna von Kleve, die nur knapp dem Richtblock entkam, ließ seine fünfte Gemahlin Catherine Howard nach Ehebruch enthaupten und wurde schließlich von seiner letzten Ehefrau, der pragmatischen Catherine Parr um zwei Jahre überlebt. Geschieden, enthauptet, gestorben. Geschieden, enthauptet, überlebt. So lautet ein Kinderreim zu den sechs Ehen des Heinrich VIII. Doch auch abseits des häuslichen Herdes zog der König eine Blutspur über Land und Gefolge. Mit falschen Versprechungen brachte er die „Pilgerreise der Gnade“ zum Erliegen. Einen großen Volksaufstand aufgrund der Klosterauflösungen, die den König unsagbar reich machten. Nachdem die Massen beschwichtigt waren, übte er für diese Rebellion bittere Rache. Aber neben dem gemeinen Volk hatten auch seine engsten Vertrauten den Tod stets im Angesicht. Das prominenteste Opfer war dabei sicher Lordkanzler Thomas Cromwell, der Heinrichs größte Gunst genossen hatte. Historische Zahlen sprechen von 70.000 Toten während seiner Amtszeit. Mit zunehmendem Alter wurde beim König auch der geistige Verfall erkennbar. Und starkes Übergewicht, resultierend aus unbotmäßiger Völlerei. Heinrich VIII. wurde zum Paradebeispiel, wie aus einem hoffnungsvollen, klugen Herrscher ein monströser Tyrann werden konnte, der niemanden über sich duldete. Vermutlich selbst Gott nicht. Nach Heinrichs Tod bestieg sein Sohn Edward minderjährig den Thron. Er war wohl mehr die Marionette eines ränkeschmiedenden Rates denn ein König und verstarb aufgrund seiner schwächlichen Konstitution sehr früh. Durch eine Intrige wurde Lady Jane Grey zur Königin proklamiert. Doch die legitime Thronerbin Maria I., Tochter Heinrichs VIII. aus erster Ehe, brachte das Volk auf ihre Seite und wurde 1553 gekrönt. Sie ging als „Bloody Mary“ in die Geschichte ein, da sie als Katholikin Anhänger des protestantischen Glaubens verbrennen ließ. Nach ihrem Tod trat die letzte Tudor-Königin auf den Plan. Elisabeth I., Tochter Anne Boleyn’s. Unter ihrer Regentschaft stieg England zur See- und Weltmacht auf, wurde die spanische Armada besiegt. Zum Erhalt der Macht ging auch sie über Leichen. So ließ sie die Schottenkönigin Maria Stuart, die auch Anspruch auf den englischen Thron stellte, im Tower inhaftieren und wegen Verschwörung zum Tode verurteilen. Was sie zu Lebzeiten noch zu verhindern vermochte, wurde nach ihrem Tod Gewißheit. Da sie unverheiratet blieb und daher auch keine Nachkommen hatte, erbten die Stuarts 1603 den Thron und Jakob I. wurde der erste gemeinsame König von Engländern, Schotten und Iren. Was das Ende der Tudor-Dynastie als Herrschergeschlecht besiegelte. In einer Zeit des Absolutismus, der Reformation, des Umbruchs, der Renaissance, des finsteren Mittelalters und der großen Entdeckungen. In einer Zeit, die alles bot, was Geschichte heute so interessant macht. In einer magischen Zeit, wo das Leben entweder alles, oder aber auch nichts Wert war.

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